Summary: | Die sehr zahlreichen Untersuchungen unterschiedlicher Typen fachsprachlichen Diskurses basieren i.d.R. auf Lakoff / Johnsons kognitiver Metapherntheorie. Dieser Ansatz vernachlässigt allerdings, dass Metaphern von Diskursteilnehmern verstanden werden müssen, abstrahiert zudem von Faktoren der Kommunikationssituation. Metaphern werden allein vom Analysten kontextfrei bestimmt und kognitiven Konzepten zugeordnet. Auch die semantischen Beziehungen, die einen Schluss von einem (konkreten) Ausgangsbereich auf einen (abstrakten) Zielbereich ermöglichen, werden nicht in intersubjektiv nachvollziehbarer Weise analysiert. Für die semantische Rekonstruktion eignet sich besonders gut Glucksbergs linguistisches interactive property attribution model, demzufolge eine Metapher dann vorliegt, wenn vehicle properties des Ausgangsbereiches und topic dimensions des Zielbereiches eine Schnittmenge bilden. Auch bei Glucksberg erfolgt jedoch kein systematischer Einbezug kontextuell-situativer Faktoren. Im Anschluss an eine Skizze der Ansätze Lakoff / Johnsons und Glucksbergs analysiert der vorliegende Beitrag deshalb eine längere gesprochensprachliche Diskurssequenz, i.e. eines vollständigen transkribierten Tagesberichtes des ARD-Korrespondenten an der Frankfurter Börse. Auf der Grundlage von Glucksbergs Modell erlauben es Ko- und Kontext des Berichts, den zahlreichen bildstarken Ausdrücken bspw. aufgrund nachfolgender paraphrastischer Aktivitäten oder auch von thematischen Aspekten bestimmter Sequenzen oder des ganzen Berichtes metaphorischen Charakter zuzuschreiben. Da die Interpretation metaphorischer Beziehungen stark von Wissen und Kultur des Interpreten abhängig sind, kann es sich aus pragmatischer Perspektive des Sprachbenutzers allerdings stets nur um potentielle Metaphern handeln, die nur durch die Interpretation des jeweiligen Adressaten Gestalt gewinnen können.
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