Die »Familie der Könige« im Mittelalter
Die von Franz Dölger entwickelte Vorstellung, dass sich die Staaten und Herrschaften im östlichen wie westlichen Mittelalter als eine »Familie der Könige« begriffen, die als ein gleichsam rechtliches Institut die politische Welt konstituierte, wird einer Kritik unterworfen. Danach hätten sich d...
Main Author: | |
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Format: | Article |
Language: | deu |
Published: |
Max Planck Institute for Legal History and Legal Theory
2013-01-01
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Series: | Rechtsgeschichte - Legal History |
Subjects: | |
Online Access: | http://data.rg.mpg.de/rechtsgeschichte/rg21_262brandes.pdf |
Summary: | Die von Franz Dölger entwickelte Vorstellung,
dass sich die Staaten und Herrschaften im östlichen
wie westlichen Mittelalter als eine »Familie der
Könige« begriffen, die als ein gleichsam rechtliches
Institut die politische Welt konstituierte, wird
einer Kritik unterworfen. Danach hätten sich die
Herrscher der Welt (nicht nur der christlichen,
sondern z. B. auch die sassanidischen Perser) als
eine »Familie« begriffen, mit dem (ost-)römischen
Kaiser an der Spitze und abgestuft denn »Brüder«,
»Söhne«, »Freunde« usw. Dies wird angezweifelt.
Dabei konzentriert sich die Darstellung, die sich
als ein Versuch begreift, eine längst überfällige
Diskussion zu initiieren, auf die spätantiken und
frühmittelalterlichen Quellen, auf die sich Dölger
berief. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein
negatives: Das Konzept einer »Familie der Könige«
lässt sich in den herangezogenen Quellen nicht
finden. Diplomatische Formeln, die sich bis in den
Alten Orient oder die hellenistischen Staaten zurückverfolgen
lassen, kann man nicht als Belege
für ein nach Dölger Ende des 3. Jahrhunderts
entstandenes System betrachten.
In einem Schlussteil werden die Entstehungsumstände
der Dölgerschen »Familie der Könige« –
der relevante Aufsatz erschien im Jahre 1940 –
sowie seine Haltung zum Nationalsozialismus thematisiert.
Die Möglichkeit (Sicherheit ließe sich
durch intensive weitergehende Forschungen erreichen),
dass Dölger sein aufs Mittelalter bezogenes
Konzept im Kontext seiner Involvierung in aktuelle
Diskussionen über die »Ordnung« Südosteuropas
(inkl. Griechenlands) in bestimmten NS-dominierten
think tanks entwickelte, wird als reale
Möglichkeit gesehen. Als Erkenntnisinstrument
der Spätantike- und Mittelalterforschung jedenfalls
fällt die »Familie der Könige« nach Ansicht
des Verfassers aus. |
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ISSN: | 1619-4993 2195-9617 |