Summary: | Die Drei Phantasien nach Friedrich Hölderlin für 16-stimmigen gemischten Chor a cappella (1982/83) erklingen regelmäßig in Konzerten professioneller Chöre, die sich z.B. der Hölderlin-Rezeption der 1980er Jahre widmen. Die bisher überschaubare Forschung zu diesem anspruchsvollen Werk, das 1983 von Eric Ericson mit dem Stockholmer Rundfunkchor uraufgeführt wurde, orientierte sich überwiegend an einzelnen Äußerungen des Komponisten zur Werkgenese. Die Korrespondenz und vor allem Skizzen und Entwürfe, die die Paul Sacher Stiftung (Basel) aufbewahrt, ermöglichen neue Erkenntnisse zur Kompositionsweise Ligetis. Damit lassen sich neue Aspekte im Entstehungsprozess benennen, die auch zu einer differenzierteren Analyse des Werks beitragen können. Aus den Skizzen wird ersichtlich, dass Ligeti beim Komponieren zunächst einfache, weniger komplexe Ideen quasi als Impulse entwickelte, die sich auf die weitere spezifische Formung etwa der Harmonik und Motivik der dann rasch komponierten Sätze auswirkten. Dabei entsprach die Besetzung nicht von vornherein der von Lux aeterna (1966), auch die Textauswahl aus den Gedichten Hälfte des Lebens, Wenn aus der Ferne und Abendphantasie des von Ligeti geschätzten Autors Hölderlin veränderte sich noch in den Skizzen der ersten Takte jedes Stücks. Die Skizzen lassen außerdem erkennen, inwiefern der Differenzierungsprozess vor allem die Rhythmik sowie die Konzeption betraf. Am Beispiel verbaler Eintragungen wie den Hinweisen auf das chorische Atmen wird schließlich deutlich, dass Ligeti auch seine frühen Erfahrungen als Chorsänger in der ungarischen Zeit für eine dem Chorklang angemessene kompositorische Gestaltung nutzt.
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The Drei Phantasien nach Friedrich Hölderlin for mixed, 16-voice choir a cappella (1982/83) are regularly performed by professional choirs, especially those specializing in Hölderlin reception of the 1980s. The difficult work was first performed in 1983 by the Swedish Radio Choir, conducted by Eric Ericson. Existing research on the genesis of the works has focused on single comments by the composer. Correspondence and sketches, kept by the Paul Sacher Foundation in Basel, allow for new insights into Ligeti’s compositional process, enabling a more sophisticated analysis of the work. The sketches show that Ligeti initially developed simple ideas and then employed these as impulses in respect to harmony and the motivic shaping while quickly composing the movements. This also explains why the partition did not correspond to that of Lux aeterna (1966) from the beginning and why Ligeti’s selection of texts from Hölderlin’s poems Hälfte des Lebens, Wenn aus der Ferne and Abendphantasie changes in the sketches of the very first bars of each movement. The sketches make visible how the composing process of differentiation worked, rhythmically and conceptionally. Verbal comments – e.g. for choric breathing – reveal how Ligeti employs the choir singing experiences of his early years in Hungary as recommendations for an adequate compositional design.
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