Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)

Bis 1989 verweigerten die Genfer Behörden Sexarbeiterinnen ein Leumundszeugnis mit der Begründung, dass Prostitution einen besonders „unehrenhaften“ Charakter zum Ausdruck bringe. Sexarbeiterinnen brauchten aber ein solches Zeugnis, wenn sie einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen wollten. Die Prak...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Sarah Baumann
Format: Article
Language:deu
Published: Verlag Barbara Budrich 2022-03-01
Series:Gender
Subjects:
Online Access:https://doi.org/10.3224/gender.v14i1.02
_version_ 1797420961816903680
author Sarah Baumann
author_facet Sarah Baumann
author_sort Sarah Baumann
collection DOAJ
description Bis 1989 verweigerten die Genfer Behörden Sexarbeiterinnen ein Leumundszeugnis mit der Begründung, dass Prostitution einen besonders „unehrenhaften“ Charakter zum Ausdruck bringe. Sexarbeiterinnen brauchten aber ein solches Zeugnis, wenn sie einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen wollten. Die Praktik der Genfer Behörden verfestigte gesellschaftliche Deutungen, die in der Sexarbeit tätige Frauen auf eine Identität als „Prostituierte“ festlegten und fixierten. Denn die Folge der Genfer Regelung war, dass eine berufliche Neu- und Umorientierung für Sexarbeiterinnen massiv erschwert wurde. Im Genfer Verein Aspasie organisierte Sex- und Sozialarbeiterinnen wehrten sich ab Beginn der 1980er-Jahre gegen diese Regelung und erreichten, dass sie 1989 aufgehoben wurde. Für ihren Widerstand war es zentral, „Prostituierte“ als Identitätszuschreibung aufzubrechen und als Erwerbsarbeit sichtbar zu machen. Denn erst die Anerkennung von Prostitution als Arbeit eröffnete aus ihrer Perspektive die Freiheit, sich auch gegen die Sexarbeit und für eine andere Erwerbstätigkeit zu entscheiden.
first_indexed 2024-03-09T07:09:05Z
format Article
id doaj.art-23f5941f993549b2a3ee61a03baae36f
institution Directory Open Access Journal
issn 1868-7245
2196-4467
language deu
last_indexed 2024-03-09T07:09:05Z
publishDate 2022-03-01
publisher Verlag Barbara Budrich
record_format Article
series Gender
spelling doaj.art-23f5941f993549b2a3ee61a03baae36f2023-12-03T09:11:42ZdeuVerlag Barbara BudrichGender1868-72452196-44672022-03-01141-2022112510.3224/gender.v14i1.02Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)Sarah Baumann0Universität Freiburg (Schweiz)Bis 1989 verweigerten die Genfer Behörden Sexarbeiterinnen ein Leumundszeugnis mit der Begründung, dass Prostitution einen besonders „unehrenhaften“ Charakter zum Ausdruck bringe. Sexarbeiterinnen brauchten aber ein solches Zeugnis, wenn sie einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen wollten. Die Praktik der Genfer Behörden verfestigte gesellschaftliche Deutungen, die in der Sexarbeit tätige Frauen auf eine Identität als „Prostituierte“ festlegten und fixierten. Denn die Folge der Genfer Regelung war, dass eine berufliche Neu- und Umorientierung für Sexarbeiterinnen massiv erschwert wurde. Im Genfer Verein Aspasie organisierte Sex- und Sozialarbeiterinnen wehrten sich ab Beginn der 1980er-Jahre gegen diese Regelung und erreichten, dass sie 1989 aufgehoben wurde. Für ihren Widerstand war es zentral, „Prostituierte“ als Identitätszuschreibung aufzubrechen und als Erwerbsarbeit sichtbar zu machen. Denn erst die Anerkennung von Prostitution als Arbeit eröffnete aus ihrer Perspektive die Freiheit, sich auch gegen die Sexarbeit und für eine andere Erwerbstätigkeit zu entscheiden.https://doi.org/10.3224/gender.v14i1.02sexarbeitneue frauenbewegungenidentitätdevianzresozialisierungschweiz
spellingShingle Sarah Baumann
Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
Gender
sexarbeit
neue frauenbewegungen
identität
devianz
resozialisierung
schweiz
title Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
title_full Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
title_fullStr Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
title_full_unstemmed Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
title_short Das Leumundszeugnis „der Prostituierten“. Zum Engagement des Genfer Vereins Aspasie für erweiterte Erwerbsmöglichkeiten von Sexarbeiterinnen (1982–1989)
title_sort das leumundszeugnis der prostituierten zum engagement des genfer vereins aspasie fur erweiterte erwerbsmoglichkeiten von sexarbeiterinnen 1982 1989
topic sexarbeit
neue frauenbewegungen
identität
devianz
resozialisierung
schweiz
url https://doi.org/10.3224/gender.v14i1.02
work_keys_str_mv AT sarahbaumann dasleumundszeugnisderprostituiertenzumengagementdesgenfervereinsaspasiefurerweiterteerwerbsmoglichkeitenvonsexarbeiterinnen19821989