Das intelligente Spiel mit Zufällen und Auslese
Gleichgültig, ob als aus der Organismischen Evolution hervorgegangenes oder vom Menschen hergestelltes Produkt, wenn es den Anspruch optimaler Funktionalität bei gleichzeitiger Sparsamkeit erhebt, wird ihm im Sprachgebrauch vielfach das Adjektiv „intelligent“ verliehen. Mit „intelligent“ ist natürl...
Main Authors: | , |
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Format: | Article |
Language: | deu |
Published: |
Heidelberg University Publishing
2022-10-01
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Series: | Heidelberger Jahrbücher Online |
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Online Access: | https://heiup.uni-heidelberg.de/journals/index.php/hdjbo/article/view/24381 |
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author | Claudia Erbar Peter Leins |
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Gleichgültig, ob als aus der Organismischen Evolution hervorgegangenes oder vom Menschen hergestelltes Produkt, wenn es den Anspruch optimaler Funktionalität bei gleichzeitiger Sparsamkeit erhebt, wird ihm im Sprachgebrauch vielfach das Adjektiv „intelligent“ verliehen. Mit „intelligent“ ist natürlich nur der Urheber gemeint: Im einen Fall die Evolution mit ihrem intelligenten Spiel mit den Zufällen und der Auslese, im anderen die Kreativität des „Säugetiers“ Homo sapiens. Bemerkenswert ist eine gewisse Parallelität in Bau und Funktionalität unabhängig voneinander entstandener Geräte und Systeme. Oder aber von der Natur vorgegebene Konstruktionen dienen als Vorbild, was zur Bionik als eigene Wissenschaftsdisziplin geführt hat. Aus der unüberschaubaren Fülle intelligenter Problemlösungen sind in diesem Artikel einige wenige herausgegriffen. Sie betreffen zunächst Gebrauchsgegenstände aus dem Alltag. Es sind z. B. Salzstreuer, die fürs Frühstücksei geeignet sind, Haftvorrichtungen wie Saugnäpfe, klebende Haftscheiben und – allen voran – Klettverschlüsse. Im Hinblick auf die Stabilität von Oberflächen, besonders was die Kratzfestigkeit betrifft, können verschiedene Möglichkeiten bei Pflanzen aufgezeigt werden. Eine mechanische Stabilität bei starker Krafteinwirkung z. B. durch Wind oder Gewichtsbelastung liefert statt einer ebenen Fläche eine gefaltete, wie sie uns bei den Palmblättern begegnet. Faltstrukturen zu einem Zylinder geschlossen ermöglichen eine beträchtliche Volumenveränderung bei gleichbleibender Oberfläche; ein solcher Blasebalg- bzw. Ziehharmonika-Effekt gestattet Rippenkakteen eine Wasseraufnahme (bei Regen) bzw. einen Wasserverlust (durch Verdunstung), ohne dass es zu Gewebespannungen kommt. Leichtbauweise und doch Stabilität zeigen uns die riesigen Schwimmblätter der Victoria-Seerose auf. Mehr Sicherheit bei einer Havarie eines Schiffes durch eine möglichst hohe Anzahl dicht verschlossener Schotten können Techniker von schwimmenden Samen lernen. Mehr Sicherheit beim Hausbau in Erdbebengebieten lernen Architekten von Bäumen mit Brettwurzeln und von Grashalmen. Tarnungen zum Schutz oder Angriff reichen bei Insekten und Spinnen bis zur höchsten Perfektion. Selbst Blumen täuschen und betrügen durch raffinierte (= intelligente) Angepasstheiten an bestimmte Verhaltensmuster von Insekten zum Zwecke der Bestäubung. Fazit: Evolution ist intelligent, kennt aber keine Ethik!
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