An der Grenze der Sinne

Sinnliche Wahrnehmung und sprachliche Darstellung von Welt können – so lautet die Ausgangsthese dieses Beitrags – nicht voneinander getrennt werden. Wenn Welt in literarischen Texten aufgespannt wird, wird ihre sinnliche Wahrnehmbarkeit in gewissen Grenzen immer schon vorausgesetzt. Mit der Entdeck...

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Bibliographic Details
Main Author: Anne D. Peiter
Format: Article
Language:deu
Published: Redaktion Undercurrents 2018-10-01
Series:Undercurrents
Online Access:https://undercurrentsforum.com/index.php/undercurrents/article/view/76
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description Sinnliche Wahrnehmung und sprachliche Darstellung von Welt können – so lautet die Ausgangsthese dieses Beitrags – nicht voneinander getrennt werden. Wenn Welt in literarischen Texten aufgespannt wird, wird ihre sinnliche Wahrnehmbarkeit in gewissen Grenzen immer schon vorausgesetzt. Mit der Entdeckung der Radioaktivität durch die moderne Physik ist es jedoch zu einem epistemischen Bruch gekommen, und dieser betrifft auch die literarische Imagination (vgl. Peiter 2019). Das Vertrauen, dass Dinge, die dem menschlichen Körper Schmerz zufu?gen, ihn schädigen können, körperlich wahrnehm- und damit benennbar wären, erwies sich als naiv, weil die Strahlen eben nicht mehr nur in ihrer natu?rlichen Form – nämlich als so genannte 'kosmische' Strahlen – auftraten, sondern auch als ku?nstlich vom Menschen herbeigefu?hrte. Die Pionier_innen der Atomphysik mussten feststellen, dass ihre Experimente körperliche Konsequenzen hatten, deren Ursache sie sich zunächst nicht zu erklären vermochten (vgl. Fermi 1963). Verbrennungen und Hautveränderungen, später gravierende Krankheiten traten auf, obwohl die Elemente, mit denen die Wissenschaftler_innen hantierten, zunächst ganz harmlos zu sein schienen. Mit anderen Worten: Schritt fu?r Schritt zeichneten sich Wahrnehmungsprobleme ab, mit denen sich weder die Physik noch die literarische Imagination bis dahin hatten befassen mu?ssen. Ein neues Verhältnis zwischen Sinneswahrnehmung und der materiellen Welt musste definiert werden.
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