Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards

Was heißt es, Colin Ward einen Akt des Denkens (als Schreiben) zu widmen? Für mich bedeutet es, innezuhalten, um die Misopädie der modernen Urbanisierung und des damit verbundenen Schulsystems zu erkennen und aufmerksam zu studieren. Der Ausdruck Misopädie ist verwandt mit Begriffen wie Misogynie un...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Tanu Biswas
Format: Article
Language:deu
Published: sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 2021-11-01
Series:Sub\urban
Subjects:
Online Access:https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/718
_version_ 1797712970982096896
author Tanu Biswas
author_facet Tanu Biswas
author_sort Tanu Biswas
collection DOAJ
description Was heißt es, Colin Ward einen Akt des Denkens (als Schreiben) zu widmen? Für mich bedeutet es, innezuhalten, um die Misopädie der modernen Urbanisierung und des damit verbundenen Schulsystems zu erkennen und aufmerksam zu studieren. Der Ausdruck Misopädie ist verwandt mit Begriffen wie Misogynie und Misanthropie. Er bezeichnet eine Antipathie gegenüber Kindern und Kindheit (vgl. Rollo 2018) und bleibt in der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung ein großer blinder Fleck. Es geht, anders gesagt, um Adultismus (vgl. Bonnardel 2015; Liebel 2020). Sich mit einem Denker wie Colin Ward zu beschäftigen bedeutet, sich ernsthaft zu bemühen, Kinder und Kindheit lieben zu lernen, indem man erkennt, dass die Moderne Kinder und Kindheit systematischer Unfreiheit, Marginalisierung und Unterdrückung aussetzt. Städte stehen Kindern und Kindheit ausgesprochen gleichgültig gegenüber, wie Ward an diversen Beispielen zeigt. Ich gehe davon aus, dass Misopädie ein Grundpfeiler moderner industrieller Bestrebungen ist, die ihren maßgeblichen Ausdruck in Urbanisierung und Beschulung finden. Es waren nie Fragen der intergenerationellen Nachhaltigkeit oder der Herausbildung von Gemeinschaft, die Stadtplanung und schulische Bildung antrieben. Wards Arbeit sollte jedoch nicht allein als Thematisierung der Unfreiheit von Kindern in ihren städtischen Umwelten verstanden werden. Vielmehr kann man sie als Entschleierung einer unerkannten Dimension der Unfreiheit aller Menschen – egal welchen Alters – gegenüber ihrer Umwelt lesen. Autor*innen wie Colin Ward leisten insofern einen wichtigen Beitrag, als sie dafür sorgen, dass wir nicht vergessen, dass Kinder und Kindheit Teil einer umfassenderen Mensch-Umwelt-Beziehung sind.
first_indexed 2024-03-12T07:29:39Z
format Article
id doaj.art-da635fbfdbaa4994ba4f620ad7cee189
institution Directory Open Access Journal
issn 2197-2567
language deu
last_indexed 2024-03-12T07:29:39Z
publishDate 2021-11-01
publisher sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung
record_format Article
series Sub\urban
spelling doaj.art-da635fbfdbaa4994ba4f620ad7cee1892023-09-02T21:56:57Zdeusub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschungSub\urban2197-25672021-11-0193/410.36900/suburban.v9i3/4.718Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin WardsTanu BiswasWas heißt es, Colin Ward einen Akt des Denkens (als Schreiben) zu widmen? Für mich bedeutet es, innezuhalten, um die Misopädie der modernen Urbanisierung und des damit verbundenen Schulsystems zu erkennen und aufmerksam zu studieren. Der Ausdruck Misopädie ist verwandt mit Begriffen wie Misogynie und Misanthropie. Er bezeichnet eine Antipathie gegenüber Kindern und Kindheit (vgl. Rollo 2018) und bleibt in der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung ein großer blinder Fleck. Es geht, anders gesagt, um Adultismus (vgl. Bonnardel 2015; Liebel 2020). Sich mit einem Denker wie Colin Ward zu beschäftigen bedeutet, sich ernsthaft zu bemühen, Kinder und Kindheit lieben zu lernen, indem man erkennt, dass die Moderne Kinder und Kindheit systematischer Unfreiheit, Marginalisierung und Unterdrückung aussetzt. Städte stehen Kindern und Kindheit ausgesprochen gleichgültig gegenüber, wie Ward an diversen Beispielen zeigt. Ich gehe davon aus, dass Misopädie ein Grundpfeiler moderner industrieller Bestrebungen ist, die ihren maßgeblichen Ausdruck in Urbanisierung und Beschulung finden. Es waren nie Fragen der intergenerationellen Nachhaltigkeit oder der Herausbildung von Gemeinschaft, die Stadtplanung und schulische Bildung antrieben. Wards Arbeit sollte jedoch nicht allein als Thematisierung der Unfreiheit von Kindern in ihren städtischen Umwelten verstanden werden. Vielmehr kann man sie als Entschleierung einer unerkannten Dimension der Unfreiheit aller Menschen – egal welchen Alters – gegenüber ihrer Umwelt lesen. Autor*innen wie Colin Ward leisten insofern einen wichtigen Beitrag, als sie dafür sorgen, dass wir nicht vergessen, dass Kinder und Kindheit Teil einer umfassenderen Mensch-Umwelt-Beziehung sind.https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/718MisopädieUrbanisierungBildungMensch-Umwelt-BeziehungKinderKindheit
spellingShingle Tanu Biswas
Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
Sub\urban
Misopädie
Urbanisierung
Bildung
Mensch-Umwelt-Beziehung
Kinder
Kindheit
title Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
title_full Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
title_fullStr Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
title_full_unstemmed Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
title_short Zur Misopädie von Urbanisierung und schulischer Bildung: Eine Würdigung Colin Wards
title_sort zur misopadie von urbanisierung und schulischer bildung eine wurdigung colin wards
topic Misopädie
Urbanisierung
Bildung
Mensch-Umwelt-Beziehung
Kinder
Kindheit
url https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/718
work_keys_str_mv AT tanubiswas zurmisopadievonurbanisierungundschulischerbildungeinewurdigungcolinwards