Summary: | Die Corona Pandemie hat für die Frage der gesellschaftlichen Organisation
von Sorge dreierlei mit sich gebracht. 1) Die kollektive Konfrontation
mit Verletzlichkeit und dem Sterben rückte – zeitweise – Fragen von
Care ins Zentrum der politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit. 2) Die
Brüchigkeiten und Ungerechtigkeiten in Care-Kontexten und -Berufen
wurden schonungslos freigelegt. 3) Die Sorge selbst muss – in dramatisch
zugespitzter Weise – in den ethisch-existentiellen Spannungsfeldern zwischen
Fürsorge und Selbstbestimmung, zwischen individuellem Wohl und
Gemeinwohl sowie zwischen Sicherheit und Freiheit organisiert werden. In
der Sorge am Lebensende forderte dies die Betroffenen, die Sorgenden und
die Organisationen in besonderer Weise heraus.
Im hospizlichen Ringen, trotz strikter, einschränkender Corona-Maßnahmen
den betroffenen Menschen gerecht zu werden, liegen wesentliche gesellschaftliche
Lernchancen für den Umgang mit existentieller Unsicherheit
und der Organisation von Care. Dieser Gedanke stellte den Ausgang
dar, mittels eines Schreibaufrufes die Sorgeerfahrungen von Care-Engagierten
zu heben und im Rahmen eines lokalen Ethik-Workshops zu diskutieren.
Im Zentrum stand die Frage, was wir aus unseren existentiellen
Erfahrungen und den ethischen Herausforderungen in der Pandemiezeit
für die Zukunft einer sorgenden Gesellschaft lernen könnten.
Angeregt von Paul Ricoeurs Überlegungen zu Liebe, Fürsorge und Gerechtigkeit
werden Kerneinsichten entlang der Dialektik von Regel und Ausnahme
verdichtet. Drei Voraussetzungen einer Sorgeethik, die sich für die
Berücksichtigung dieser Ambivalenzen musikalisch zeigt, werden vertiefend
diskutiert: a) ein reflektierendes Umfeld organisieren, b) auf die Tragfähigkeit
von Hospizkultur bauen, c) Gesundheit ganzheitlich denken und
in Praxis und Politik verankern.
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