Summary: | Als, Anfang 1902 kurz nach der Geburt der Tochter Ruth, Rainer Maria Rilke die lang befürchtete Nachricht erhält, dass der Zuschuss „von zu Hause“, die monatliche Zahlung aus dem Legat des Onkels Jaroslav, nur noch bis zur Mitte des Jahres gezahlt werden wird, da seine sogenannte ‚Studienzeit‘ mit Ehe und Kind als vorbei zu gelten hat – als er dies erfährt, schreibt er eine ganze Reihe von Bittbriefen an diverse Befürworter und Kontakte und wendet sich mit vielleicht der größten Hoffnung auf Beistand an Gustav Pauli. Gustav Pauli war seit 1899 Direktor der Bremer Kunsthalle, wenn nicht namentlich, so doch in den Augen von allen, die ihn kannten, Rilke eingeschlossen, der ihn in Briefen an andere immer Direktor nennt, obwohl es scheint, dass Pauli erst 1905 diesen Titel offiziell bekam. Anfang 1866 geboren – also fast zehn Jahre älter als Rilke – war Pauli Sohn des Bremer Bürgermeisters und Senators Alfred Pauli, geborener Bremer also und um 1901, als Rilke ihn kennenlernte, schon eine führende Gestalt im kulturellen Leben der Stadt, der es sich vorgenommen hatte, seine „Bremer Landsleute mit den Bestrebungen zeitgenössischer Kunst […] bekannt zu machen“, wie er sich selbst in seinen 1936 erschienenen Erinnerungen aus sieben Jahrzehnten ausdrückt. 1 Insbesondere hat er die „benachbarten Worpsweder“ Maler in der Kunsthalle gezeigt, die trotz ihres Erfolgs anderswo in Deutschland in ihrer Heimat noch ziemlich unbekannt waren. Er war auch ein früher Beförderer von Paula Modersohn-Becker, und hat später (1919) eine Monographie über sie geschrieben. 1889 hatte Pauli über die Renaissancebauten in Bremen promoviert und wird immer von Rilke sehr korrekt als Herr Doktor angesprochen...
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